054 Selbstmord (2) JETZT?

Was bisher geschah. Selbstmord ist keine Lösung, liest man ständig irgendwo. Wenn einen das PTBS-Gehirn auf eine Art und Weise dauerfoltert mit Schlafentzug und Flashbacks, dann kann es passieren, dass man schlussfolgert, die Schäden am Gehirn wären zu schlimm, als dass man damit leben könnte. Zwei Mal in meinem Leben war ich beängstigend suizidal. In der Zeit davor, dazwischen und danach hätte ich einen Selbstmord in meinem Leben völlig unlogisch, unangemessen, unverständlich und unmöglich gefunden. Zwei Mal in meinem Leben war ich suizidal – und zweimal aus völlig unterschiedlichen Gründen:

200x – akute Belastungsstörung und klassische PTBS-Symptomatik

20xx – komplexe PTBS

… darüber schrieb ich in 052. Wie ist das heute mit den Selbstmordplänen?


2018 – dissoziative Identitätsstruktur. Wenn ich mich heute umbringen würde, dann würde das aus einem von zwei möglichen Gründen passieren:

  • Grund 1: Mein Alltagsteam und meinen Trauma-informierten Scheiben haben eine unfreiwillige WG in „meinem“ Körper. Beide Seiten haben sich inzwischen geeinigt auf: „Da war ein Trauma, das bis heute beeinträchtigt, und es geht dabei um das, was man anscheinend sexualisierte Gewalt nennt.“ Die WG lebt jedoch im Spannungsfeld zwischen „Mir ist dieser Altsch§$% ehrlich egal,“ (völligem Ignorieren der Vergangenheit, wichtig ist das Jetzt) und „Es war unvorstellbar und unaushaltbar schlimm,“ (gar nicht ans Jetzt denken können vor lauter Trauma) – und dieses Dauerspannung finden beide dringend veränderungswürdig: Das Alltagsteam stürzt sich zur Demonstration seiner „richtigen“ Einstellung auf die Arbeit, die Bespaßung meines Kindes etc. („Schau, geht doch, alles super jetzt.“) und die Trauma-informierten Scheiben bedienen sich seit November zur Demonstration ihres stattgefundenen Leids diverser Aktionen („Da schau her! So fürchterlich war das!“ 029), bei denen die Alltagsscheiben ihre Gleichgültigkeit blitzschnell eintauschen in Erschütterung-Entsetzen-Grauen und tagelang den Mund nicht mehr zu kriegen. Diese da-schau-her-Aktionen haben eine Beobachterin aus dem Alltagsteam (sonst hätten sie ja keine Wirkung), die sich innerlich die Seele aus dem Leib brüllt: „Hör auf!“ aber die Handlungen nicht stoppen kann. Ein möglicher Selbstmordgrund wäre, dass bei einer solchen Aktion mal etwas schief geht und im Tod endet. Das wäre dann zwar rechtlich ein Selbstmord, systemintern wäre es jedoch ein Unfall – denn die Trauma-informierten Scheiben machen das ja nicht mit Tötungsabsicht, sondern quasi zu Schauzwecken fürs Alltagsteam, als eine Art innere Nachhilfe: Ihr da drüben habt nicht die Fähigkeit, Vergangenes als schlimm zu bewerten, nun transferieren wir Euch das Vergangene in die Gegenwart, damit wir endlich unser WG-Spannungsfeld auflösen können und fortan in Frieden in diesem Körper koexistieren können.
  • Grund 2: Selbstmord aus einer Anna-Karenina-Situation. Das wäre dann der Fall, wenn ich alle Möglichkeiten eines Lebensentwurfs nicht nur durchgedacht habe, sondern längere Zeit tatsächlich gelebt habe – und keine funktioniert. Wenn ich irgendwann alle Hilfsangebote meines gesamten Umfelds angenommen haben werde, andere Arbeit, weniger Arbeit, mehr Arbeit, gar keine Arbeit, stationäre Aufenthalte, ambulante Therapie mit Psychotherapeuten, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Shiatsu, einfach alles durch, von dem man sich Verbesserung verspricht – um dann am Ende festzustellen: Nichts davon hat das Ergebnis, dass leben Spaß macht, dass Leben etwas anderes ist, als ein Kampf mit mir selbst, per se Doña Quijote de la Mancha, deren traumatisiertes Gehirn Windmühlen im Atmen, im Schlafen einfach überall findet. Dann kann ich mir vorstellen, aus Vernunft einen Anna-Karenina-Selbstmord zu begehen.

Mein Tod aus dem ersten Gründ wäre ein bedauerlicher Unfall, den ich (aus ∑ich) ganz klar nicht will, und ich wäre posthum 😉 sehr traurig darüber… Bei einem Tod aus dem zweiten Grund müsste niemand in meinem Umfeld traurig sein – es sind alle Wege gegangen, aber keiner hat zum Ziel geführt.

Die Entscheidung wäre wie bei einem Schwerstkranken, der im Ausland ein Sterbehilfe-Unternehmen bezahlt – Erlösung aus Leid ohne Perspektive – einigermaßen verständlich. Nur dass das für die Welt in einem Fall wie meinem (kPTBS) oder bei einer fiktiven x-beliebigen Person mit Depression nicht zählt. Da würde es heißen: „Sie war doch völlig gesund! Sie hatte das perfekte Leben, verheiratet mit der Liebe ihres Lebens, Mutter eines wunderbaren Kindes!“ … weil unsere Gesellschaft organische Ursachen für Leid an allen Körperteilen anerkennt, nur nicht Leid im Gehirn. Ich habe zwar bildgebende Diagnostik, die meine Erkrankung sichtbar macht, dennoch erkennt nicht mal meine Krankenkasse meine Erkrankung als organische an, und zahlt kaum Behandlungsmaßnahmen, die ich dringend brauche (wobei: derzeit darf ich mich nicht beschweren, derzeit bezahlt meine Kasse einen teuren mehrmonatigen Klinikaufenthalt – danach bin ich wieder unversorgt, wenn ich meine Behandlung nicht privat bezahlen würde). Das Gehirn zählt offenbar nicht als Organ für die Krankenkasse (schon schräg, gell?).

Das wäre dann eine Sorte Leid, die man ganz einfach mit ein bisschen positiver Einstellung, einem Ausmalbuch (über dem man Endorphine ausschüttet), einem netten Wochenendtrip (der einen aus dem Alltag holt) und zur Not ein bisschen Antidepressiva und einer Runde Heulen am Sofa mit der besten Freundin hätte beikommen können. Aber doch bitte kein Grund für Selbsttötung.

Dass ich in den letzten knapp fünf Wochen

  1. 9x jeweils ca. eine Stunde unter stuporösen Zuständen litt (die mir tagelange Schmerzen am ganzen Körper danach verursachen, mal abgesehen von dem sozialen Druck),
  2. an 7 Tagen mit Schmerzen (zusätzlich zu denen von (1)) zwischen verDISen und verzweifeln gependelt bin. Ich bin wirklich schmerzmäßig eine harte Sau, aber die Intensität dieser Schmerzen ist so, dass ich, als Krankenhausphobikerin, damit in die Notaufnahme fahren würde, wenn ich nicht sicher wüsste, dass sie Köpererinnerungen sind (d.h. es gibt kein wirksames Schmerzmittel dagegen),
  3. fast durchgehend (mit wenigen Tagen Ausnahmen) Schlafentzug das Mittel der Wahl meiner inneren Stasi war,
  4. und zwischendurch meine Seele – bildlich gesprochen – stundenlang kotzend über dem Klo hängt, um das Gift loszuwerden, das mir vor vielen Jahren vom Schicksal verabreicht worden war,

… zeigt zumindest mir, dass das Problem ausreichend groß, permanent und dauerhaft ist, dass ich vor mir selbst Sterbehilfe an mir rechtfertigen könnte, wenn ich es wollte.  … ausreichend groß, dass ich vor wenigen Tagen echt die Nerven weggeschmissen hab in einem Gespräch mit KR und am nächsten Tag mit Dr. V.
Ja, Sterbehilfe oder Euthanasie würde ich meine Selbsttötung aus Grund 2 nennen wollen im Fall des Falles. Derzeit habe ich allerdings Hoffnung auf bessere Zeiten – eine echte Chance. Und deswegen kann ich das aushalten.


Ich bin nicht suizidal. Ich war es das letzte Mal im November auf eine Art und Weise, in der ich mir selbst quasi 24-h-Überwachung durch meine Familie und Freunde verordnet hatte für einige Tage – um nicht allein mit den Messern in meiner Küche zu sein.

Ich bin nicht suizidal und würde niemals einen Anti-Selbstmordvertrag bei einer Therapeutin unterschreiben. Aus vielen Gründen…
… weil eh nur diejenigen unterschreiben würden, die paktfähig und somit nicht suizidal sind, während die, die nicht paktfähig und suizidal sind, keine Unterschriften leisten und auch nicht mit Therapeutinnen verhandeln.
… weil eine Therapeutin, die sowas für ihren Seelenfrieden braucht, ohnehin eine DIS nicht kapiert hat (meiner Meinung nach).
… weil es mir Angst machen würde, dass jemand aus ∑ich den Vertrag so versteht, als würde die Therapeutin sagen: „Erst unterschreibst du das zu meiner Entlastung, aber dann hast du die Erlaubnis für eine Selbsttötung von mir.“

Selbstmord – jetzt? Selbstmord ist eine Option – wer etwas anderes behauptet ist jemand, der das heliozentrische Weltbild abstreitet, obwohl man es jeden einzelnen Tag beweisen kann. Derzeit ist es eine ganz schlechte Option neben anderen viel, viel besseren Optionen, aus dem Überleben ein Leben zu machen.
Selbstmord ist neben Mord/Totschlag, Herzinfarkt & Co. mit sofortiger Todesfolge und Unfalltod die einzige Todesart, die bei mir möglich ist. Ich bin (aus einem Kindheitsding heraus) nicht Pfegefall-tauglich, nicht Siechtum-fähig – daher ist es recht wahrscheinlich, dass ich irgendwann durch Suizid sterbe, bevor eine Krankheit ohne Perspektive tötliche Durchschlagskraft entwickelt. Aber davor möchte ich leben lernen! Und gelebt haben! Und das Leben soll bunt sein!


Selbstmord – würde der für Dich infrage kommen? Und wenn ja – unter welchen Umständen?

18 Kommentare Gib deinen ab

  1. aquahocker sagt:

    Nein nie. War nie ein Gedanke. Wir sind auch ohne dieses aber manchmal denke ich schon, dass…
    „Hätte man ja auch damals einfach sterben können und nicht kämpfen brauchen. Wäre unlogisch!“ War mal eine Antwort, die aus dem Mund kam.
    Und bisher hat niemand ein Gegenargument gefunden, dass diese Logik aushebelt.

    Lieben Gruß und Alles was man neu bemerkt ist ein Fortschritt. Schmerzhaft, aber voran!

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  2. sternenstaub sagt:

    Suizid ist hier Dauerthema, was Therapie angeht sind wir ja in einem Alter wo so langsam alles an Therapiearten durch ist, bis auf Elektroschocktherapie, die gab es schon als Kind. Was uns bis jetzt zurückgehalten ist die innere Überzeugung, dass leben zum Leben da ist und sterben irgendwann zur gegebenen Zeit von alleine passiert. Es gibt auch Nahtoderfahrungen bei denen alles mitgenommen werden sollte, nichts mit leichter werden tauchte auf, also sind wir umgekehrt.

    Suizide haben wir auch öfters im Freundes- und Bekanntenkreis und bei Geschwistern erlebt, einige galten auch als austherapiert. Wir wissen also auch, was es bedeutet mit solchen Geschichten im Gepäck weiterzuleben, ob als Angehöriger oder als Sonstiges. Trotzdem fällt es uns schwer weiter am Leben teilzunehmen, es gibt Anteile in uns die uns einfach umbringen wollen, es gibt wohl auch Anteile die uns schon öfters gerettet haben. Leider wirken die Retter eher im Verborgenem, bis jetzt waren sie aber immer rechtzeitig da. Insgesamt macht es einfach Angst, dass Anteile uns bewegen können, ohne das wir es mitbekommen.

    Therapiemäßig sind wir zur Zeit recht gut aufgehoben, trotzdem gibt es bösartige Schlafstörungen und chronische Schmerzen die wohl Körpererinnerungen sind. Ab und zu gibt es drei Tage hintereinander ohne Schlaf, dass führt hier dann sehr in den roten Bereich. Gefühlt wird es auch im Alter schwerer auszuhalten, irgendwie ist unser Leben mehr von unserer Vergangenheit bestimmt als es uns früher erschien.

    Weiter alles Gute wünschen wir Dir in der Klinik, und vor Allen auch danach, wenn es wieder nachhause geht.

    l.g.

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    1. Hallo s, ich kenne alles, was Du beschreibst am eigenen Leib… Und Deinen Satz: „die innere Überzeugung, dass leben zum Leben da ist“ möchte ihc mir auf eine Karte schreiben und zur Sammlung über meinem Bett heften. 🙂 Danke für die guten Wünsche, s

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  3. Mondmädchen sagt:

    Wow, ich muss gerade erst einmal tief Luft holen.
    Danke für die Offenlegung deiner Gedanken zu diesem wichtigen Thema.
    Der Grund 1 bereitet mir seit Tagen selbst Kopfzerbrechen und schlaflose Nächte.
    Ich sehe es genauso, es wäre ein Unfall im System. Tötung ist eigentlich nicht die Absicht dahinter.

    Hast du eine Möglichkeit gefunden mit suizidalen Persönlichkeitsanteilen im Alltag umzugehen?

    Herzliche Grüße vom Mondmädchen

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    1. (Antwort migriert in Leserbriefe – wird demnächst veröffentlicht)

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  4. Sehr gut in Worte gefasst!
    Wir sind aber doch auch froh, dass derzeit die Option bei euch nicht in Frage kommt. Da würde uns bei den täglichen Blicken in den Reader ganz viel fehlen und als Mensch seid ihr sowieso wichtig! 😊

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  5. DIStress sagt:

    Ziemlich vieles, was ich denke, hast du ziemlich gut auf den Punkt gebracht, deine Ausführungen zum Thema Selbstmord-Vertrag treffen exakt meine Sicht der Dinge.

    Im Übrigen bin ich aber schon immer sehr viel suizidaler als du das wohl bist. Variante 1 ist undenkbar für mich, Variante 2 gut vorstellbar, so wie du sie beschreibst (Ich habe das Buch während meines ersten längeren Klinikaufenthaltes vor 6 Jahren gelesen, aber ich weiß nichts mehr vom Inhalt), aber am wahrscheinlichsten ist bei mir eben doch Variante 3: Das Nicht-mehr-aushalten-Können in der akuten Krise. Nicht vernünftig, sondern von emotionalen Anteilen angetrieben und gefühllosen Automatenanteilen ausgeführt. Variante 3 nutzt die Argumente der Variante 2, ohne tatsächlich schon alles versucht zu haben.

    Zum Thema Krankenkasse: Gestern habe ich erfahren, dass der Gutachter tatsächlich meinen Therapieantrag mit der Nichtanerkennung der Diagnose als solcher abgelehnt hat. Das bisschen Akzeptanz, was ich mir seit einem Monat nun aufgebaut habe, ist seitdem irgendwie wieder weggebrochen. Es ist nicht die erste Krise, die ich meiner Krankenkasse und dem Kassensystem insgesamt zu verdanken habe und wird wahrscheinlich nicht die letzte bleiben. Und etwas in mir schreit: Du bist einfach keine 6000 € wert! Was dem Wert der beantragten Therapie in etwa entspricht. Wenn der Gutachter Recht hätte, wären die Voraussetzungen für Variante 2 also schon gegeben. Was einigermaßen große Panik befeuert.

    Liebe Grüße,
    D.

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    1. Hallo D, oh Mann, das tut mir soooo leid zu hören mit der KK… Ich kenne das leider… Zu Deiner Variante drei hab ich vor einigen Tagen eine Ergänzug geschrieben, die jedoch (wegen des logischen Verlaufs der Ereignisse) erst übernächste Woche online geht – spannend, wie ähnlich wir das formuliert haben ganz unabhängig voneinander…

      Ich sehe schon auch die Problematik der KK – es gibt halt Menschen, die machen (bzw. wollen) Psychotherapie als eine Art SElbstverwirklichung, geführte wöchentliche Philosophiestunde – und da sehe ich ganz klar die Sinnhaftigkeit von Begrenzungen. Dass man jedoch einer Person mit schwerer Traumafolgestörung eine Langzeitbehandlung vorenthält, ist für mich fahrlässig und vor allem Opfer-verachtend, Gewalt-leugnend und Täter-loyal. Regt mich voll auf.
      lg s

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      1. DIStress sagt:

        Vielen, vielen Dank für deine liebe Antwort! Ich bin im Übrigen schon jetzt sehr, sehr gespannt auf die Ergänzung!

        Klar, es ist logisch, dass das nicht Sinn einer KRANKENkasse sein kann, sowas zu finanzieren. Aber es gibt ja auch genug Leute, die objektiv betrachtet völlig sinnloserweise wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt gehen und sich nicht bei jedem Arztgang vor einem Gutachter rechtfertigen müssen. Fast jede Kasse zahlt inzwischen Homöophatie, weil das halt kostendeckende Kunden lockt. Es ist einfach bezeichnend, dass in keinem Bereich die Meinung des Behandlers über die Behandlungsbedürftigkeit so wenig zählt wie in diesem. Und deswegen ist das, was bei mir ankommt, nur die Message, dass das, was mir passiert ist, kein Grund ist, sich so anzustellen, dass ich das hier offensichtlich genau so verdiene, weil ich selbst schuld daran bin, dass ich einfach nicht darüber hinwegkomme. Und ich weiß, dass es rationale Anteile gibt, die diese Schlussfolgerungen unsinnig finden, aber die haben gerade nicht den geringsten Einfluss auf mein Empfinden und Erleben, weil trotz bewusster Koexistenz überhaupt keine Berührungspunkte zu diesen rationalen Ichs bestehen. Ich, jetzt, bin der Logik entzogen und passe damit doch eigentlich ganz gut in eine Welt, in der mein Antrag abgelehnt wurde am selben Tag, an dem ich zufällig eine Verurteilung zu sex. Missbrauch eines Kindes in Tatmehrheit mit Verbreitung jugendpornographischer Schriften zu 90 Tagessätzen a 10 € vor die Augen bekam. Rationale Anteile wissen, dass die 10 € nichts bedeuten außer dass der Täter wenig Geld hat. Emotionale Anteile berechnen, dass leichter Kindesmissbrauch (es zuckt in mir schon beim Schreiben dieser zwei Wörter hintereinander, ziemlich widerlich) 900 € kostet. Und dann passt das ja auch, dass ich als Erwachsene erst recht keine 6000 € mehr wert bin.

        Sorry, das ist inzwischen eigentlich alles total am Thema vorbei. Ich hoffe, das ist ok.

        Liebe Grüße,
        D.

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        1. Hallo D, ich verstehe GANZ GENAU, was Du meinst… und da muss sich was ändern – in der Gesellschaft und dann auch in der KK. Das ist AUCH ein Sinn vom Bloggen – dass man zumindest hier eine Stimme hat – und ja klar ist, dass hinter dem Blog ein realer Mensch steht.

          „Und deswegen ist das, was bei mir ankommt, nur die Message, dass das, was mir passiert ist, kein Grund ist, sich so anzustellen,“ Als Erstversorgung würde ich mir für Dich wünschen, dass Du diese Schlussfolgerung aufgeben kannst – weil sie nicht stimmt. Nicht DU musst Deine Anschauungen ändern, sondern die Gesellschaft muss anerkennen… besser früher als später… aber es ist ein Weg… Ich wünsch Dir alles Gute, s.

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  6. Ju sagt:

    Kennt ihr die Initiative Phoen.ix (mit ihrer Petition für bedarfsgerechte Psychotherapie)? Auf ihrer Website steht einiges auch in Bezug auf abgelehnte Anträge.

    Wie verhalten sich eigentlich Eure Behandler_innen im Falle von Ablehnung durch die KK? Wird nach individuellen Lösungen gesucht?

    Es macht so wütend, dass es zu solchen Ablehnungen kommt, dass Diagnosen nicht anerkannt werden! Viel Kraft und hoffentlich Helfer_innen in dieser Zeit, wünsche ich Dir, D.! Dass es zu diesen Gedankengängen bei Dir führt, ist so gut nachvollziehbar! „Selbst Schuld daran, dass ich einfach nicht darüber hinweg komme…“. Wie gut kenne ich das – und wieviel braucht es eben an ANERKENNUNG und Unterstützung von außen, um diese Selbst-Schuld auch nur ein Stück weit von sich fern zu halten.

    Danke S., für diesen wichtigen Blogbeitrag.
    Der Satz, der Dir geholfen hat, ist hier etwas abgewandelt die Anregung in der Therapie, die Perspektive einzunehmen, dass es der Wunsch von Anteilen ist, das Leben zu beenden, weil für sie der IST- Zustand oder eine bestimmte Situation unerträglich ist. Eine Änderung muss her, so schnell wie möglich. Sich hier selbst mit Respekt zu begegnen und anzuerkennen, dass Anteile bestimmte Situationen im Jetzt nicht mehr aushalten; sich somit den Situationen nicht mehr auszuliefern und eben alles dafür zu tun, dass Situationen nicht mehr erlebt werden müssen, weil Anteile sie nicht mehr ertragen können und lieber nicht mehr da sein/ nicht mehr leben wollen, als dies noch mal zu erleben – das ist es, woran Ich arbeiten kannmuss, so lange es Optionen gibt. Es ist ein (finde ich) unglaublich schwieriger Weg hin zu dieser Akzeptanz, weil in der inneren Kampfarena sofort dagegen hallt „stell Dich nicht so an“.
    Ich bin nicht suizidal. Aber Leben musssoll sich (hoffentlich) irgendwann wieder mehr nach „zum Leben da sein“ – und nicht mehr so stark und so langelangelange nur nach Überleben anfühlen.

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    1. DIStress sagt:

      Vielen Dank, Ju! Ich kannte die Initiative nicht, war gerade mal auf der Seite, habe mir die Forderungen und vor allem Begründungen durchgelesen und mir gedacht, das ist so unfassbar durch und durch logisch, dass es schon absurd ist, dass es eine Initiative am Rand braucht, die derartiges überhaupt formulieren muss. Da gehe ich schon wieder innerlich durch die Decke. Ich habe meine Krankenkasse bisher einmal verklagt, das war allerdings zur Finanzierung einer Vollnarkose. Da ich damals damit Erfolg hatte, habe ich die Kasse aber auch nicht gewechselt, weil ich die Hoffnung habe, dass sie sich, wenn es mal wieder darauf ankommt, daran erinnern, dass ich es bis zum Ende durchziehen könnte, was die Kasse im Falle des Verlierens natürlich viel mehr kostet. Aber ich bete trotzdem, dass es nie darauf ankommen wird, weil so ein Prozess halt so unfassbar viel Kraft kostet, selbst dann, wenn man anwaltlich vertreten ist und eigentlich „gar nichts machen“ muss, außer es über sich ergehen zu lassen.

      Und Sonrisa, ich kann jetzt nicht behaupten, mich mit der Mission Gesellschaftsaufklärung und Lobbyarbeit hier angemeldet zu haben, aber du hast natürlich völlig Recht. Also hoffen wir mal, dass die vielen, vielen Stimmen hier ein kleines bisschen zum Wandel beitragen!

      LG, D.

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      1. nein, ich auch nicht ad Lobbyismus und Gesellschaftsveränderungsmission – keine Kraft dafür… leider! lg s

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  7. MrsTingley sagt:

    Danke für diesen wichtigen Beitrag, liebe Sonrisa! Ich war ja letztens auch in der Situation, wo ein „Systemcrash“ es sehr brenzlig für mich gemacht hat… Darüber hatte ich (mit Triggerwarnung) geschrieben und ich muss sagen, dass mir das Thema seitdem wieder sehr nahe geht und insofern präsenter ist, dass ich mir überlegen muss, was ich tun kann, wenn dieser Anteil wieder „übernehmen“ sollte. Ich würde hier gern mehr zu schreiben, merke aber, dass es gerade nicht gut geht. Insofern belasse ich es dabei und bin dankbar für solche Beiträge!
    Alles Liebe, MrsTingley

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  8. Deinen Beitrag können wir so unterschreiben, mit dem Zusatz 3, den D. erwähnt hat! Bei uns ist diese Variante 3 ebenfalls die wahrscheinlichste. Wir haben sicher nicht alles ausprobiert, aber manchmal ist unser Leid so akut für jemanden aus uns, dass einfach kein anderer Ausweg sichtbar oder gar möglich erscheint! Und bei uns gibt es leider viele, die sich danach sehnen, die den Tod für die Erlösung schlecht hin halten und Null Hoffnung auf Besserung haben. Welche die das Licht bereits kennen und es für Geborgenheit halten. Welche die im Trauma drum gebetelt haben. Und welche die gerne Pläne darüber schmieden, denn bereits die Entschlossenheit dazu ein Frieden in uns aufleben läßt…
    Doch gibt es auch welche, die wissen, dass sie leben wollen und der Tod nur wegen des Leids in Kauf genommen werden kann. Welche die es nicht tun können, weil sie liebe Menschen nicht verletzen wollen.
    Aber da gibt es welche, die glauben, der Tod wäre für alle uns lieben Menschen die beste Lösung. Oder welche die glauben unser Tod wäre das Ende der Qualen uns lieber Menschen, die uns dann nicht mehr ertragen müssen…
    Was hält uns hier? Die Hoffnung und die Liebe. Und diese Kämpferin in uns, die diesen miesen Tätern keine Freude gönnen will…

    Und D. bei dem Thema KK geht uns auch die Galle hoch! Und wir könnten auch kotzen über die Bestrafung der Täter! Diese Welt ist nicht mehr ganz dicht im Kopf!

    Alles Gute euch und ja, ganz viel Liebe und Kraft für den Kampf.

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  9. Waltkaye sagt:

    Für mich sind Suizidgedanken – nicht „man könnte das mal machen“ sondern richtig konkrete – schon lange ein Thema. Arzt meinte ich wäre chronisch suizidal. Sei es drum.
    Meine Gedanken sind im Schnitt jeden 2. Tag bei dem Thema.
    Aber, das seit mehreren Jahrzehnten. Ich habe gelernt, damit umzugehen. Mein Vater hat Suizid gemacht, ausreichend Erfahrung, dass ich selbst das meinen Kindern nicht antun möchte.
    Suizid sehe ich auch als Menschenrecht an. Ein „gute“ Gesellschaft sollte in der Lage sein, Menschen zum Leben zu begleiten und zu beraten, aber auch zum Sterben.

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    1. Heißes Thema. Es ist natürlich unser Recht, keiner kann uns wirklich daran hindern.
      Die Frage ist aber, wollen wir wirklich nicht leben, oder wollen wir SO nicht leben, mit diesen Qualen? Denn wenn wir „gesund“ und glücklich wären, hätten wir den Wunsch zu sterben doch gar nicht erst! Das ist der Punkt + die Hoffnungslosigkeit, dass es nicht besser wird!
      Und wir bleiben am Leben, weil da immer noch etwas ist, was uns daran festhält. Ob Kinder, Ehemann, Hoffnugsschimmer oder anderes. Ein Suizidversuch ist oft ein Schrei nach Hilfe, eine Art zu sagen, so kann ich einfach nicht mehr, es muss sich etwas ändern, bessern, aber ich weiß nicht wie, Hilfe! Nur wenn diese Hilfe ausbleibt und man alles versucht hat, und keiner der Gründe mehr greifen kann, dann sucht man einen Suizid, der kein Versuch mehr ist, der endgültig ist und nicht schief gehen kann…
      Letzten Endes wollen wir doch alle leben, nur nicht so wie wir es tun, mit all dem unerträglichem Leid und dem Kampf…

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    2. Das ist ein schöner Gedanke mit dem Menschenrecht… weit weg von dem, was die Kirche dazu sagt, weit weg vom Augen verschließen („Selbstmord ist keine Option.“), weit weg von Selbstmordverträgen von Therapeuten – LIKE… ich würde lieber ins Leben begleitet werden, aber ich möchte die Wahl haben.

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