Der Artikel ist passwortgeschützt (und wird es für immer bleiben). Die Diskussion daraus ist jedoch öffentlich – und die ist so spannend, dass ich sie hier nochmals aufgreifen will. Ich bedanke mich vielmals für Eure hilfreichen Kommentare und Fragen zu dem schwierigen Thema: Es ging in dem Artikel wohl um das, was in der Literatur Täterintrojekt heißt – und dessen Wichtigkeit in der Therapie von vielen Autoren stark betont wird. … etwas, von dem ich gehofft hätte, dass ich es nicht habe. Ich tu mir extrem schwer, das Wort auf mich zu beziehen… puh… – was tun? In Kontakt gehen? Wie? Allein oder in einer Therapiestunde? Oder lieber ignorieren? Akzeptieren? Kommunikationswege finden? Kann man da überhaupt was Sinnvolles aus dem Destruktiven bauen?
Ich habe – wie es das korrekte Zitieren verlangt – die Verfasser der Kommentare stehen lassen, unter denen sie gepostet wurden. Wenn jemand von Euch seinen Namen nicht genannt haben möchte, bitte einfach ins Kommentarfeld tippen, ich ersetze den Namen dann umgehend durch „anonym“.
Hi, ich habe (…) eine Gegenfrage, mit der ich mich grad beschäftige und wenn ich es richtig verstehe, dann bist du an dem Thema schon weiter: „strafende“ Anteile… Ist diese „Scheibe“ das, was man ein „Täterintrojekt“ nennt? Wie fühle, spüre, merke ich, dass „mir“ aus dem im Innen jemand etwas verbietet (zB. dass ein Gegenüber etwas merkt)… „wer“ ist da aktiv im Innen? Wie komme ich an „mich“ (vermeintlich) strafende „Innenanteile“?
Birke Zeitenmosaik
Ich fürchte, ja – wenn ich meine Nase in Traumabücher stecke, dann finde ich dafür als Betriff entweder täteridentifizierter oder täterloyaler Anteil (da kann man vielleicht streiten?), denn ich wüsste nicht, welcher „Anteilegruppe der Literatur“ man Verhalten, in dem der Körper gequält wird, sonst zuordnen soll (Opferanteile, Beobachter, selbstbeschützend aggressive Anteile, das unbeschwerte Kind; Huber 2012, S. 131 f.) Ich bin in dem Thema „weiter“? Echt? Ich fühle mich ganz und gar nicht so. Ich habe einen Anteil, den ich nicht kontrollieren kann und der mir schadet – schlimmer geht’s fast nimmer, oder? Ähm, doch: andere Menschen attackieren, das wäre noch viel schlimmer.
Wenn man „Dinge verbieten“ auch als Täterintrojekt sehen will – oh Schreck, oh nein – dann hab ich leider sogar noch ein zweites von dieser unguten Sorte. Diese Scheibe hab ich irgendwann mal Asket genannt und sie hat sehr viele Sprüche meiner Mutter übernommen. Sie ist weit öfter aktiv als „nachts“, aber auch weniger schädlich, und ich kann meist recht gut drüberlatschen, wenn sie mir wieder mal beim Einkaufen die Schokolade verbieten will. Wie fühle / spüre / merke ich das? Bei mir ist das einfach „da“ – ich kann es recht gut zuordnen, denn meine Meinung ist das ja nicht, dass ich mir keine Schokolade kaufen darf. Das ist ein sehr einfaches Beispiel, aber eines, das ich häufig erlebe, abtue, trotzdem Schokolade esse, „ich darf das“ und Punkt. Dein Beispiel (verstehe ich richtig? Es geht drum, dass der Anteil Dir verbietet, dass Dein Gegenüber was von der DIS merkt?) finde ich schwieriger. Da hab ich im Innen eine Einigung dazu (nicht nur dieser „verbietende“ Anteil hat diese Meinung, meine Geschäftsführer kriegen Überlebensängste, wenn man denen androht, die DIS zu outen! Und ich muss auch ganz ehrlich fragen: Was hat man davon, seine DIS allseitig zu outen? Würde ich niemals tun! Einige wenige ausgewählte Menschen dürfen das wissen, aber den Rest der Welt geht das einfach nichts an. Schön, wenn mein System funktional genug ist, dass ich die Entscheidung aktiv treffen kann – das ist ja nicht bei allen Menschen so und wird bei mir vielleicht auch nicht immer so sein. Wer ist da aktiv im Innen? Manchmal ist es ganz schön Arbeit, solche Sätze / Impulse etc. überhaupt zuzuordnen – ich kenne das! Ich kann diese Scheibe ohne große Mühe identifizieren, bei anderen fällt mir das schwerer. Sie hat auch gute Eigenschaften – sie ist sparsam und kann mit wenig glücklich sein. Ja, wie kommt man an strafende Anteile ran? Dazu kann ich nur die Empfehlung von Sams zitieren: „Genauer wünschen!“ Mein Anteil hat sein neues Verhalten ja angefangen, nachdem ich mir monatelang gewünscht hatte, dass ich etwas über meine Traumakiste wissen möchte (die ja sowas wie vollständig „vergessen“ / verDISt war – ich bin 1999 vom Himmel gefallen, davor gab’s mich nicht). Daher würde ich gegenfragen: Warum willst Du an diese Anteile „ran“? Was versprichst Du Dir davon? Lieben Gruß, s.
Puh, schwieriges Thema… Wir kennen so was nur verbal, zum Glück wird der Körper nicht verletzt. Daher dachten wir immer, so was wie Selbstverletzung gibt’s bei uns nicht. Unsre Freundin allerdings meinte, was da so an Verbalattacken abgeht, erfüllt für sie den Tatbestand durchaus. Wie dem auch sei – wie gesagt, geht’s bei uns übers reden. Wobei wir allerdings auch oft rätseln, was derjenige mit seinen fiesen Attacken erreichen will. Ist leider nicht immer so eindeutig, wie man meinen könnte.
Also: So wie ich verstanden habe, redet diejenige nicht, sie macht. Okay. Frage: Kann oder will sie nicht reden? Wenn sie nicht kann, gäbs ja andere Möglichkeiten, z.B schreiben oder malen. Liegt dir doch beides… Und wenn sie das nicht will: warum? Denkt sie, dass ihr niemand zuhört/glaubt, wenn sie nicht so richtig heftige Geschütze auffährt? Hattest du glaub ich schon mal angedeutet… Müsstest du dann in den sauren Apfel beißen und ihr deutlich zeigen, dass du sie ernst nimmst? (Sorry, wenn du das schon längst tust… Da hab ich dann wohl was verpasst…)
Und an die Birke (falls erlaubt) Hab ich das richtig verstanden, dass du das nicht merkst, wenn dir was im innen verboten etc. wird?
LG A
Hallo A, in der Tat: sehr schwieriges, sehr unangenehmes Thema. Bäh. Selbstverletzung im klassischen Sinn (Unterarme übersäht mit Schnitten) gibt es bei mir zum Glück auch nicht, dafür bin ich sehr dankbar. Ich habe Deinen Kommentar sehr gern gelesen, vielen Dank!
Sie redet schon – während sie den Körper quält. E. macht auch immer mal wieder Kommentare (066), und tatsächlich: Ihr glaube ich nicht. Sind ja nur Worte. Warum nicht? Weil ich schon eine gewisse Angst davor habe, mein inneres Kino dreht mir horrormäßig ab. Nach dem Motto: Wie unterscheide ich die schlimmsten Befürchtungen über meine Vergangenheit von tatsächlichen Erinnerungen? Wie unterscheide ich (mögliche) Gewaltphantasien von der Realität?
Danke für die Frage mit dem sauren Apfel. Ist es ein saurer Apfel, wenn ich ihr deutlich zeigen würde, dass ich sie ernst nehme? Nein – denn ich nehme sie ernst, ich fürchte mich sogar vor ihr. Lieben Gruß, s.
Ich kenne es so, dass die Therapeutin mit diesem Teil Kontakt aufnimmt. Für sie ist es in der Regel leichter, weil sie ja nicht mit ihm in Konflikt ist (sein sollte).
Lies mal nach zu Kontakt mit Täterintrojekten bei M. Huber. Die haben ihrer Meinung nach hohe Priorität in der Arbeit.
Claudia Münstermann
Hallo c, klingt voll logisch, hab ich gelesen im Huber-Buch. Wie kann die Therapeutin mit dem Anteil Kontakt aufnehmen, wenn er nur nachtaktiv ist (so zwischen 12 Uhr und 3 Uhr nachts, jeweils mitten aus dem Schlaf) und weniger oft als 1x im Monat auftaucht – ich weiß vorher nicht, an welchem Tag, noch weiß ich, was seine „Bühnenstichworte“ sind. Gibt es da irgendwelche Tricks? LG s
Wenn ich M. Huber lese, kann man ihn ansprechen, rufen. Oder – wenn so etwas in der Therapie erwünscht ist, kann der Anteil eine Mail schreiben (wenn er das kann) oder einen Brief. Man könnte versuchen, im Kommunikationsbuch den Anteil zu fragen, ob er bereit ist, mit der Therapeutin Kontakt aufzunehmen.
Das Schwierige ist, den Anteil erstmal zu würdigen, seine Verdienste anzuerkennen, die Wichtigkeit seiner Aufgabe. Der hat sich gerettet, indem er den Hass der Täter / des Täters zu seinem eigenen gemacht hat. Kopieren als Coping-Mechanismus, so verstehe ich das.
Tricksen geht leider nicht, denke ich. Beziehungsweise ich wüsste nicht wie.Claudia Münstermann
Ansprechen, anrufen: Klingt für mich voll gruselig – irgendwie nach Geister beschwören. Ich bin sehr skeptisch, ob das ein sicheres Vorhaben ist, wenn meine Therapeutin Täterintrojekte in eine face to face Begegnung einladen würde, von denen ich der Meinung bin, dass ich sie nicht unter Kontrolle habe. Wer haftet denn für sowas? Ich würde dafür nicht haften wollen. Der Anteil beschränkt sich örtlich auf die Betten, in denen ich schlafe – ich möchte seinen Radius ungern ausweiten. Brr, spoooooooky!
Mail schreiben – aus sicherer Entfernung – klingt gleich viel besser für meine Ohren. Kann der Anteil schreiben? Ich habe keinen Laptop in meinem Bett. Sollte ich in Zukunft? Soll ich dann fragen: „Magst heute vielleicht lieber tippen denn Sadismus ausleben?“ Schräg aber einen Versuch wert. 🙂
Kommunikationsbuch – sowas hab ich ja nicht, ich hab nur mein Bullet Journal. Aber da drin klappt Kommunikation immer besser. Innenkommunikation ist tatsächlich Übungssache. KR hatte mir eine supergute Frage gestellt, die ich auf ein Postit geschrieben und in mein BuJo geklebt habe (die ich mehrfach verDISt habe, ich kann mich nie an sie erinnern, muss immer wieder nachlesen): „Warum sind sie unerträglich?“ (Anm. gemeint sind meine beiden mutmaßlichen „Innenkinder“) Leider steht auf dieser Seite bis heute rein gar nichts. Boykott – und ich habe keine Ahnung warum, so schwer ist die Frage nun auch wieder nicht. Ich werde versuchen, die Frage nach einem anderen Kommunikationsweg auch ins BuJo zu kleben, vielleicht kommt da ja was.
Würdigen ist in der Tat schwierig. Eigentlich unmöglich. Was klappt, ist: Anerkennen, dass das erlebt wurde – von ∑ich – und das ist schon ganz schön viel, finde ich. Als seine Funktion sehe ich weniger das „sich retten“, eher das gute Kennen von Tätern, was das Leben berechenbarer und (schein)sicherer macht. Ob meine Täter mich gehasst haben, kann ich nicht mal sagen.
Danke für die Anregungen, Claudia, lg s.
Hm, die Fragen gehen echt ans Eingemachte…. Leider kann ich nicht viel beisteuern zu dem eh schon Gesagten…
Diese(r) N.-Teil scheint ja ganz schön Macht zu haben. In vielerlei Hinsicht. Vor allem aber: Wissen ist Macht. Allein, dass er davon was abgibt, zeigt seine Kooperationsbereitschaft.
Im Moment kann er es wohl noch nicht besser. Ich denke, dass er sein vieles komplexes Wissen nur verwalten kann, wenn er „binär“ denkt. Quasi schwarz-weiß, gut-schlecht, alles-nichts. (Sorry an die PADLs, die sich jetzt vielleicht mitgemeint fühlen, obwohl sie durchaus differenziert denken können und kein Bock auf „Traumatisierte Menschen denken immer schwarz-weiß blablablubb“ haben). Insofern muss N. sich entscheiden, ob er/sie dir nichts mitteilt oder ob er/sie es dir krass mitteilt. Da du (oder einiges aus dir) sich als Vergangenheitsdetektivin betätigst, und er/sie dir vielleicht wirklich helfen will, geht halt nur krass. Gleichzeitig spricht für krass, dass es als Warneffekt wirkt. Quasi Test, ob du es wirklich wissen willst.
Tja, und da sind wir nun: Du beweist immer wieder, dass auch du kein rohes Ei bist, dass auch du was tragen kannst. Aus meiner Sicht hat N. genug getestet.
Da er/sie aber so mächtig ist, gilt mein Wort halt leider nichts….
Die Idee, statt Attacken und Flashbacks einfach Wissen in Schriftform zu vermitteln, finde ich natürlich klasse. Ich finde, dafür spräche auch aus N.s Sicht, dass das weitaus weniger verdächtig macht. Wenn was dagegen spricht, könnte er/sie das jedoch wenigstens auf solch „neutralem“ Wege mitteilen. Dann hast du die Freiheit darüber zu entscheiden, was du mit dieser neuen Info machst.
Was anderes: Auch ohne DIS und „nur“ bei Depression und bei Einsmenschen ist der Heilungs-Vorschlag Sex zu haben und ein Kind zu zeugen von Therapeutenseite her so ziemlich das Bescheuerteste, was ich mir vorstellen kann!!!!!!!! (sorry, musste raus)
Und womöglich kann das bei Nicht-Eins-Menschen tatsächlich zumindest gefühlt neue Scheiben kreieren oder schlummernde Scheiben zum Rotieren bringen.
Ich schüttele den Kopf.Sorry für die Nachfrage, die jetzt kommt. Ich hoffe, sie ist weder für „dich“ noch für N. grenzüberschreitend. Nach dem, was du bis jetzt weißt: Wenn/falls N. doch auch schon immer da war, wurde er/sie zur „Entstehungszeit“ auch eher nachts benötigt?
Ob ja oder nein muss ich nicht wissen, aber vielleicht kann N. selbst darüber nachdenken, was die Antwort auf diese Frage für sein „Verstecken“ am Tage bedeutet.KaTo
Hallo K, wow, da hab ich nun beim Lesen ziemlich oft genickt. Danke für Deine Schlussfolgerungen. Ja, der Behandlungsplan meiner allerersten Therapeutin war schon echt… ähm… Sie war nebenher noch Gynäkologin, vielleicht hat sie das daher, dass Kinderkriegen therapeutische Wirkung hätte? Keine Ahnung… N. war vorher nicht da, aber ich kann hypothetisch antworten. WENN sie schon da gewesen wäre: Nein, meine „DIS-Entstehung“ war nicht nur nachts, ich habe (mindestens) eine Erinnerung bei Tageslicht, da bin ich ganz sicher. Ich hätte eher drauf getippt, dass N. jetzt nur nachts aktiv sein kann. Tagsüber haben die anderen die Kontrolle, da passiert sowas nicht! LG und danke, s.
Was mir spontan an Kommunikationswege einfällt ginge auch in die kreative Richtung. Wir haben einen Anteil der das quälende quasi von unserem Körper weg, auf Knetmasse (Fimo) verlagert hat. So entstehen inzwischen z.b. gequälte, aufgeschnittene Körper aus Fimo und die sind in dem was mitgeteilt werden soll auch genauso ausdrucksstark und detailreich. Mehr als mir lieb ist. Der Vorteil ist die Unversehrtheit des Körpers und das diese Figuren auch den Weg in die Therapie finden können und so ein Zugang zu diesem Anteil entsteht und er ggf. direkt gefragt werden kann.
überlebendlebendig
*seufz* Hört sich super an. Hört sich viel, viel, viel entspannter an als das, was N. und ich derzeit haben… *auchhabenwill*
Hi, der erste Absatz zu meinem Kommentar endet mit deiner Frage: „Warum willst Du an diese Anteile „ran“?“… Weil sie schaden!!! Schaden definiere ich dabei nicht nur als körperliche Selbstverletzung, sondern als all das, was Leben, was Selbstwert, was Lebendigkeit, Zufriedenheit, Fülle etc. verhindert… immer wieder sich selbst verbal erniedrigen, sich selbst verurteilen, sich selbst kritisieren… ist doch furchtbar und gehört für mich definitiv zu den Dingen, die ich gerne ändern würde… und deshalb auf jedenfall „ran“ an die „Anteile“… wertschätzend, Kontakt aufnehmend, verstehen lernen…
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Hallo, ja, ich verstehe den Änderungswunsch.
Ich habe mehrere Geschäftsführer, die einen inneren Kritiker haben – das fühlt sich zu mir gehörig an. Ich habe zusätzlich die eine Scheibe, die ich rigendwann Asket genannt habe – die fühlt sich fremd an.
lg s.
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Wozu ist es eigentlicht gut, immer wieder zu unterscheiden, fühlt sich das fermd oder nicht fremd an? Ich spüre da ja auch Unterschiede… und doch: Es braucht beides Aufmerksamkeit oder? Das eine gruselt halt bisschen mehr…
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Hallo B, für mich ist das gerade ein sehr wichtiger Prozess: den Unterschied zu spüren zwischen einem Einsmenschkonflikt und einem Vielegehirn-Thema. Warum? Weiß nicht so genau? Das eine kann jeder nachfühlen, das andere eben nicht. lg s
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