Einer meiner ersten Blogartikel handelte von meinem Darstellungsversuch einer beweglichen inneren Landkarte (002). Über ein Jahr später ist es Zeit für eine Überarbeitung. Hier sind einige Ergebnisse.
#1 – Beitragsbild: Asket.
Aus 112: Je länger ich (drüber) nachdenke, desto fieser wird „sie“ – ja, sie. Es ist ein Ich, für das ich kaum ein Ich-Gefühl, gar keine Kontrolle und wenige Empathie habe. Eigentlich will ich sie lieber wegschicken, als ihr beim Denken zuzuhören. Dieses Ich gönnt mir nichts. Sie spricht abgehackt und in Ausrufesätzen. Es geht überhaupt nicht darum, ob ich mir etwas leisten kann. Es geht ihr darum, dass ich es nicht haben darf: die Tafel Schokolade im Supermarkt, eine neue Jeans, ein elektronisches Zeichenbrett. Und was genau darf ich nicht haben? Um welche Gegenstände geht es hier? Je mehr ich es mir wünsche, desto weniger darf ich es haben. Und um ganz genau zu sein: Je mehr es sich nicht-Alltagsteam-Anteile wünschen, desto weniger…
Es war ein spannender Prozess, die Zeichnungen aus 2017 auf den Kartonscheiben mit meinen neuen digitalen Mitteln zu überarbeiten. Zusätzlich zu den Kriterien, die ich im Artikel 002 genannt habe, war damals wichtig: Neben einer turbulenten Phase in meiner Arbeit wollte ich nicht arg viel Zeit dafür verwenden. Was ausgedrückt werden soll, muss schnellstmöglich aus dem Hirn über die Hand aufs Papier. Ich hatte mir für jede Scheibe einen 10-min-Countdown gestellt, um die Zeit zu beschränken.
Diesmal war das anders. Es durfte so lange dauern, wie es dauert. Es wurde nur gemalt, wer nichts dagegen hatte. Und das Wichtigste: Digitale Medien kann man – anders als Papier – jederzeit abändern. So hatte ich das Mädchen im Beitragsbild in Farben angezogen, die ich hübsch fand in Kombination mit dem Braun und Grün. Sie hatte ursprünglich ein oranges Shirt und eine blaue Hose. Am nächsten Tag war klar: Das ist ihr nicht recht. Sie möchte das nicht anziehen „müssen“. So viel Traurigkeit… Wie schön, dass ich sagen konnte: „Gar kein Problem! Du darfst dir eine Farbe aussuchen, und wenn du es dir nochmal anders überlegst: Ich kann es jederzeit ändern, das geht ganz schnell.“
Über solchen Gedankenwechseln wurden Dinge klarer… etwa dass ich bei genau dieser Scheibe irgendwie „die Falsche“ gemalt habe damals. Jener Anteil, der mir nicht erlaubt, Dinge zu kaufen oder zu besitzen, ist in dieser Darstellung nicht zu sehen; da ist ein Anteil zu sehen, dem gerade etwas weggenommen wurde; und nicht jener, der die Verbote ausspricht. Ich habe nochmals neu überdacht, für wen ich mehr oder weniger Ich-Gefühl habe – und für Asket habe ich wenig davon. Sie ist ein Eindringling, in der Fachsprache vermutlich Täter-Introjekt. Die Fachsprache verwendet oft gar keine angenehmen Wörter. Machen die das absichtlich?
… oder hätte ich diesen Artikel anders nennen sollen? „noch mehr Technik für PTBS“? Ich habe mich für ein ARTISUL D13 UVP 399 USD als elektronisches Zeichenbrett entschieden, und für folgende Software: CLIP STUDIO PAINT UVP 50 EUR. (Wer sich für Reviews zu digitalem Zeichnen interessiert, hier ist meine Lieblingsseite.)
Hier noch ein paar Scheiben, die nichts dagegen haben, gezeigt zu werden…
#2 – Diese Darstellung ist ganz anders geworden als die 2017. Und ich mag die neue lieber – mit dem Hochleistungshamster auf ihrer Schulter… Sie schreibt selten im Blog. Artikel, die sie geschrieben hat, sind: 114 oder 117
#3 – Darf gezeigt werden, aber nichts dazu gesagt werden…
#4 – Auch bei dieser Scheibe hatte ich ein Detail vergessen: in der alten Darstellung hatte sie den Schlüssel um den Hals. Das ging für den betreffenden Anteil gar nicht, dass der nun fehlt – Entsetzen! Ich habe den Schlüssel hinzugefügt, auch wenn ich keine Ahnung habe, wofür sie ihn verwendet. Es hat mehrere Versuche gebraucht, bis sie mit den transparenten Flügeln zufrieden war – und über diese Version hat sie sich richtig, richtig gefreut. Schön war das!
#4 – die apokalypitsche Scheibe. Den Hintergrund hat sie selbst gemacht – was sehr schräg ist, denn sie tut ja sonst nicht viel. Auch da: kein Plan, was die weißen und schwarzen Punkte darstellen, aber sie waren wichtig. Ein Kampf hell gegen dunkel?
Die alte Version zum Vergleich: rechts oben jene, die in der neuen Version den Hochleistungshamster auf der Schulter hat.
Sehr eindrucksvoll! Ich überlege ja, ob mir digitales Zeichnen bei meinem Zeichen-Farben-Problem helfen könnte. Bisher ist es weiterhin kaum möglich, einen Stift zur Hand zu nehmen…
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Ich hab ja auch Verbote (z.B. kein Rot verwenden dürfen) rund ums Zeichnen und auch schon echt schlechte Erlebnisse – in der Klinik ist einmal jemand ganz im Stillen innerlich ausgerastet und hat ein Bild in 1000 Konfetti verwendelt, weil die Wachsmalstifte auf den Fingern unerträglich waren – schauderhaft regelrecht, dieses klebrige Zeug. Solche Gefahren gibt es digital nicht! 🙂 Alles, was zerstört werden muss, kann vollständig rückstandsfrei gelöscht werden – herrlich! 🙂
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Es geht ja darum, dass gewisse Zeichen- und Malutensilien ein starker Trigger sind. Ich arbeite dran… Aber vielleicht ist dieses digitale Zeichnen ja tatsächlich eine Überlegung wert. Ja, oder das mit den Füßen 🙂
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… aber Stift hast Du auch digital in der Hand… schon mal versucht, mit den Füßen zu malen? 🙂
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Sonrisa, auch von mir ein ausdrückliches *Wow!* für Deine Bilder!
Auch ich habe beim Betrachten gespürt, was sie vermitteln.
Und dabei kam mir sofort der Gedanke: Male! Wenn Du magst, mach eine Ausstellung!
Nicht direkt mit den Bildern Deiner Anteile, Deiner Scheiben selbst…aber durchaus Bilder aus Deinem Innenleben.
Und zwar habe ich letztens eine Doku über eine junge Frau, die unter Schizophrenie leidet, gesehen.
Sie hat schliesslich eine Ausstellung gemacht. 🙂
Vielleicht kennst Du die Doku/den Film ja, Sonrisa?
Ansonsten schicke ich Dir gerne den link.
Auch finde ich Eure Idee super, Deine, Paulines Innenwelt zu zeichnen.
Und Pauline: es gibt wirklich viele tolle tutorials zum Malen/Zeichnen/Gestalten bei youtube.
Mit dem Tip möchte ich keinesfalls in Euer Projekt grätschen, vielmehr Dich, Pauline, ermuntern, eine eigene Form zu entwickeln, Dich/Euch auszudrücken.
Herzlich. JB
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Hallo JessBaer, danke.
Ich habe auf keinen Fall vor, eine Ausstellung zu machen. Ich bewundere Pauline für ihre Lesungen, ich könnte das nicht. Ich hab hier in meinem Blog eine Traumafolgestörung, und im restlichen Leben täusche ich (recht erfolgreich) vor, „normal“ zu sein. Ich möchte das nicht outen wegen meines Kindes, wegen meines Jobs – es hat nur potenzielle Nachteile und ich sehe nicht viel Vorteil. Ich möchte kein Rampenlicht für mich deswegen. Es ist eine schreckliche Vorstellung, eigentlich.
Lg s.
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Wundervolle Idee. „Deine Scheiben“ sind wahre Kunstwerke. Ich habe sogar den Eindruck, dass ich die Gefühle der einzelnen wahrnehmen kann. Oder sind es meine eigenen Gefühle, wenn ich sie betrachte? Egal. Hut ab für die gemeinsame Gestaltung! Die neuen Scheiben sind sehr gelungen.
Und vielen Dank für diesen Einblick in deine Welt. ❤
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Hallo Christiane, danke! interessant… Magst Du erzählen, welche Gefühle Du beim ansehen hast? lg s
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Ok, ich schreibe mal, was ich so wahrnehme. Äh…also bei #1 sind es Gefühle von allein sein, ausgeschlossen aus einer Gruppe, zurückgezogen und traurig.
Bei #2 sehe/fühle ich Kreativität, ein sehr klares Auftreten im Business, immer den Überblick behaltend und lösungsorientiert, dabei freundlich mit Hang zu einer „Anderswelt“ (der Hamster 😉 ).
#3 zeigt mir Angst vor Gewalt, schutzlos, Enge und Ausweglosigkeit, sich verstecken wollen/(in der Wand/Ecke) verschwinden wollen. Diese Scheibe spricht nicht viel, oder? Ich spüre beim Betrachten zumindest ein Enge-Gefühl im Hals. Worte würde in dieser Enge stecken bleiben.
#4 zeigt mir ein Elfen-Wesen. Leicht und wendig mit magischen Fähigkeiten, dabei aber immer das Gute im Blick.
#5 die apokalyptische: Trauer, Verzweiflung, Wut und Aggression. Die Aggression aber als Reaktion auf eine ausweglose Situation. Ein Entkommen aus der Situation ist nur mittels Selbstzerstörung und Tod möglich. Es könnte für Flucht und Angriff gleichermaßen stehen. Die Lösung Zerstörung und Tod erzeugen dabei aber eher noch mehr Trauer, denn es ist ein Notausgang und führt statt ins Leben noch mehr weg davon. Aber vielleicht ist das auch erwünscht im Sinne von die Menschen und das Leben auf Abstand halten. Bei dieser Scheibe nehme ich beides gleichermaßen den Wunsch nach Flucht und Angriff wahr. Würde auch für die Gestaltung des Hintergrundes sprechen: Hell und dunkel, Licht und Schatten, Leben und Tod.
Das ist das, was ich beim Betrachten deiner Scheiben wahrnehme. Das, was in mir angesprochen wird. Es sind meine Gefühle und müssen absolut gar nicht mit deinen und denen deiner Scheiben zusammenpassen. Ich „sehe“ nämlich nur das, was ich an Erfahrungen, Erinnerungen und damit verbundenen Gefühlen in mir trage.
Ich danke dir für deine Bitte, meine Wahrnehmung hier in Worte zu fassen. Zeigt es mir doch auch eine Menge über mein eigenes Innenleben. ❤
Liebe Grüße, Christiane
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wow. echt krass. Du hast punktgenau formuliert, was bei Dir ankam. Ich bin baff! … oder ich konnte punktgenau zeichnen, was ich bei meinen Anteilen wahrnehme. Oder die Bilder haben einfach punktgenau transportiert – von meinem Gehirn zu Deinem. Danke für Deine Worte – ich würde jedes einzelne davon unterschreiben (minus das mit der Anderswelt – der Hamster steht echt nur für dauerhafte Hochleistung in seinem Hamsterrad = Arbeit). Alles Liebe und schönes WE (ich fahr dann mal in die Arbeit…), s.
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voll super gezeichnet. ich wünschte ich könnte dich engagieren, um uns alle zu zeichnen. ich hätte so gerne so ein zeichnerisches talent, dass ich quasi sowas wie innere fotografien von jedem von uns machen könnte, also auf papier dann. hab ich aber nicht. aber du zeichnest echt cool!!
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Hallo Pauline-s, würdest Du es hilfreich finden, wenn ich eine von Euch zeichnen würde? Also dieses Du könnte sich genau überlegen, wie es gezeichnet werden will (wobei es sich selbst gefallen sollte, also keine Abwertungen von anderen) – und dann machen wir das gemeinsam? Du beschreibst in Worten wie die DArstellung aussehen soll, welche Farben Du gern hättest, stöberst auf Pinterest run, was Dich anspricht und ich versuche das dann? Du machst das innere Foto und ich brings auf Papier? lg s
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das wär n ultracooles projekt!
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… und am besten machen wir beide das so, dass ich Schritt für Schritt den Prozess dokumentiere – denn das Malen auf Schichten scheint mehrere zu interessieren, v.a. Mrs. Tingley überlegt, ob das was für sie wäre… Ich würde mich sehr freuen! Schritt 1: Wie soll die „Person“ dargestellt werden? – Körperhaltung, Winkel, Lichtverhältnisse, Farben, womit beschäftigt sie sich? Wenn Du Lust hast: Schick mal Dein Brainstorming an sonrisa.mussorgsky@gmail.com – soll kein Roman werden, einige Stichworte reichen, um zu Schritt 2 zu gehen. 🙂
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hey, ich mag das aber nicht öffentlich machen.
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dann unöffentlich. 🙂 Du hast mir schon mehr als einmal echt großartig geholfen – ich freu mich, wenn ich für Dich zeichnen darf. 🙂
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🙂
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sitz eh grad vor dem zeichenbrett und male eine ottermama mit otterbaby – freu mich auf Deine Email 🙂
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Also wirklich, echt mal richtig cool, die Bilder. Vor allem, weil es ganz deins zu sein scheint, ohne Vorlage, wie bei uns…
Allein die Körperhaltung bei der Scheibe ohne Kommentar… Echt super!
Schön ist es auch, zu sehen, dass auch jemand anderes Bilder gut findet, für… Keine Ahnung, das Innen oder so.
Also cool,dass du das geteilt hast, und vor allem nicht nur die netten Vorzeige-Ichs…
Es ist fast so, als würden wir uns mitgesehen fühlen.
Also falls das jetzt Sinn macht…
Jedenfalls Danke!
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macht Sinn! Danke für Deinen Kommentar… 🙂
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Ich weiß grad nicht, ob ich das abgeschickt hqb?
Weil ich möchte wirklich gern wissen, warum da ein Auge is bei der Elfe K
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